Warum selbst die besten 30% der Dentallabore unter Wachstumsschmerzen leiden

Vom Handwerker zum Unternehmer: Warum selbst die besten 30% der Dentallabore unter Wachstumsschmerzen leiden

Kennst du das Gefühl? Du hast in modernste CAD/CAM-Technologie investiert, dein Team vergrößert und den Umsatz gesteigert – aber deine persönliche Freiheit ist dabei auf der Strecke geblieben? Du arbeitest mehr im Unternehmen als am Unternehmen?

Du bist nicht allein. Und noch wichtiger: Es liegt nicht daran, dass du etwas „falsch“ machst, sondern dass du gewachsen bist.

In den letzten Monaten habe ich eine umfassende Analyse durchgeführt: 40 Dentallabore, 400 Mitarbeitergespräche, hunderte Seiten Protokolle.

Einordnung der Daten: Wir sprechen von erfolgreichen Laboren Wichtig vorab: Bei den analysierten Betrieben handelte es sich nicht um Sanierungsfälle. Diese Labore gehören bereits zu den oberen 30% der Branche – sie sind technisch stark, digital fit und umsatzstark. Es gibt im Markt vielleicht nur 10% „Exzellenz-Labore“, die diese Hürden bereits komplett hinter sich haben.

Das bedeutet: Die Probleme, die ich dir gleich zeige, sind keine Zeichen von Schwäche, sondern klassische „Wachstumsschmerzen“ erfolgreicher Betriebe. Und das Wichtigste: Alle 40 analysierten Labore haben sich im Zuge unserer Zusammenarbeit erfolgreich transformiert. Die Probleme sind also lösbar.

Dennoch war das Ergebnis der Analyse verblüffend eindeutig. Unabhängig von Standort oder Spezialisierung kämpfen fast alle Labore in dieser Phase mit denselben strukturellen Hürden.

Hier sind die 5 häufigsten Herausforderungen, die ich aus den Daten gefiltert habe – und wie wir sie gelöst haben.

1. Die „Harmonie-Falle“ in der Führung Viele Laborinhaber werden von ihren Teams als fair, engagiert und sehr menschlich wahrgenommen. Das ist gut – kippt aber oft ins Negative. Aus einem starken Harmoniebedürfnis heraus scheuen viele Chefs klare Ansagen.

  • Das Symptom: Fehler von Mitarbeitern werden vom Chef stillschweigend korrigiert, um Konflikte zu vermeiden.

  • Die Folge: Es entsteht eine „erlernte Unselbstständigkeit“. Mitarbeiter delegieren Probleme zurück an den Chef (Rückdelegation), wodurch dieser im operativen Tagesgeschäft gefangen bleibt und keine Zeit für Strategie hat.

2. Strukturelle Kommunikationsdefizite „Wir reden doch ständig miteinander“, ist ein Satz, den ich oft höre. Doch Kommunikation „zwischen Tür und Angel“ ersetzt keine Struktur.

  • Das Symptom: Es fehlen regelmäßige Meetings (Jour Fixe) und eine etablierte zweite Führungsebene (Teamleiter).

  • Die Folge: Der Inhaber wird zum Flaschenhals jeder Entscheidung. Informationen versickern, es kommt zu „Grüppchenbildung“ und unnötigen Missverständnissen, obwohl die Stimmung im Team eigentlich gut ist.

3. Der fehlende „Masterprozess“ Während die handwerkliche Produktion oft exzellent läuft, hakt es in der Organisation drumherum. Das Labor ist gewachsen, die Verwaltungsprozesse oft nicht.

  • Das Symptom: Arbeitsvorbereitung und Büro sind chronisch überlastet. Es ist nicht transparent definiert, welche Stationen ein Auftrag von Eingang bis Ausgang zwingend durchlaufen muss.

  • Die Folge: Ineffizienz, Suchzeiten und eine mangelnde systematische Endkontrolle, was den Stresspegel unnötig erhöht.

4. Die Spaltung des Teams Der technologische Wandel im Labor sorgt für soziale Spannungen.

  • Das Symptom: Es zeigt sich oft eine Kluft zwischen den „Digital Natives“, die Verantwortung und Veränderung wollen, und Mitarbeitern, die an alten Strukturen festhalten oder Veränderungen blockieren.

  • Die Folge: Reibungsverluste und Schwierigkeiten beim Onboarding neuer Talente, da kein einheitliches „Mindset“ im Labor herrscht.

5. Kaufmännischer Blindflug Viele Labore werden exzellent handwerklich, aber nur rudimentär kaufmännisch geführt.

  • Das Symptom: Entscheidungen werden aus dem Bauch getroffen. Es fehlt ein monatliches Controlling fester Kennzahlen und eine ehrliche Analyse der Kundenrentabilität.

  • Die Folge: Man arbeitet viel für Kunden, die eigentlich wenig Ertrag bringen, und verpasst Chancen zur Gehalts- und Preisoptimierung.

Fazit: Das Betriebssystem braucht ein Update Die gute Nachricht ist: Diese Probleme sind klassische Symptome des Übergangs vom Handwerksbetrieb zum managementgeführten Unternehmen. Sie sind lösbar – nicht durch noch mehr Arbeitseinsatz an der Werkbank, sondern durch die Einführung klarer Strukturen:

  • Installation einer zweiten Führungsebene.

  • Schriftliche Fixierung von Kernprozessen.

  • Etablierung fester Meeting-Routinen.

Dein Labor hat das Potenzial, auch ohne deine ständige Anwesenheit exzellent zu funktionieren. Der erste Schritt dahin ist, diese fünf Schmerzpunkte zu erken


ÜBER DEN AUTOR

Autor

Rainer Ehrich

Ich bin Rainer Ehrich, Geschäftsführer der Ehrich Dental Consulting GmbH, und seit fast 50 Jahren in der Dentalbranche tätig. Als gelernter Zahntechniker mit eigener Laborerfahrung kenne ich die Herausforderungen, mit denen Laborinhaber täglich konfrontiert sind – und vor allem, wie sie diese nachhaltig lösen können.

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