Der Wandel in der Dental Branche ist so schnell geworden, dass viele Zahntechniker und Dentallabor Chefs sich natürlich fragen, wohin die Reise geht und was man tun sollte, um in der dentalen Zukunft weiter mit dabei zu sein. In diesem Artikel möchte ich die Risiken und natürlich auch die Chancen einmal aus meiner Sicht und der Sicht anderer Experten auf diesem Gebiet aufzeigen. Ebenfalls wird dieser Beitrag auch zeigen, was z.B. in 2020 wahrscheinlich von einem Zahntechniker nicht mehr gemacht werden wird und was er statt dessen machen sollte. Ich möchte darauf hinweisen, dass weder ich, noch ein anderer Mensch jemals die Zukunft betreten hat und dieser Beitrag natürlich nur Visionen, Ideen und eventuelle Möglichkeiten aufzeigen kann. Ebenfalls gibt es natürlich Unterschiede, ob es sich um ein Großlabor ab 30 Mitarbeiter oder um einen 2-Mann-Betrieb handelt.
#1 Wie teilt sich der Dentalmarkt zur Zeit gerade auf?
Ohne 100 %-ig sichere Quellen zu kennen, habe ich doch immer wieder ähnliche Zahlen im Netz gefunden, die folgende Verteilung des Zahnersatz-Umsatzes aufzeigen
- ca. 38% Gewerbliche Dentallabore
- ca. 35% Praxislabore / Chairside
- ca. 27% Auslandszahnersatz und Dentaltourismus
Das sind Zahlen, die jeden Zahntechniker nachdenklich stimmen sollten. Jammern hilft an dieser Stelle aber wenig und deshalb wollen wir wissen, wie jedes Dentallabor damit umgehen kann. Die Industrie wird sich ebenfalls mehr und mehr in diesem Markt positionieren.
#2 Was fällt in den nächsten Jahren immer mehr für die gewerblichen Dentallabore weg?
- Einzelkronen und kleine Brücken im Seitenzahnbereich
- Einnahmen von Goldrabatten und Erlöse aus konfektionierten Zähnen
- Geschiebearbeiten
- Totale Prothesen
Der Trend der letzten Jahre wird sich weiter fortsetzen, was die Einzelkronen und kleine Brücken im Seitenzahngebiet betrifft. Hier ist ein starker Rückgang zu merken, der sich bis zum Jahre 2020 wahrscheinlich nochmals verdoppelt haben wird. Wir sehen, was heutzutage auf Endgeräten mit den unterschiedlichsten Apps ohne Programierkenntnisse alles “gezaubert” werden kann, so dass Kronen im Seitenzahnbereich sehr wahrscheinlich auf Plug-and-Play Niveau hergestellt werden können. Diese werden dann auch vornehmlich in Praxislaboren, Chairside am Zahnarztstuhl, von der Industrie und im Ausland produziert werden.
Ein weiterer, jetzt schon klar sichtbarer Trend wird sich weiter fortsetzen: Die Einnahmen von Gold-Legierungs-Rabatten und die Verkaufserlöse aus Kunststoffzähnen werden weiter zurückgehen. Geschiebe und deren Erlöse sind schon nahezu bei Null angekommen. Durch verstärkte Prophylaxe in den letzten Jahren, sind die zahnlosen Menschen immer weniger geworden. Deshalb wird das Spielfeld der Totalprothetik deutlich kleiner.
Diese Verluste liegen vor allem beim Umsatz- und nicht in der Wertschöpfung. Sie resultieren aus dem technischem Fortschritt, wie CAD/CAM Technologien, Drucker, Lasermelting und den neuen Materialien. Somit sind diese neuen Dinge in der Zahntechnik Fluch und Segen zugleich. Generell kann man sagen, dass der Weg der Zahntechnik weg vom handwerklichen weiter hin zum maschinellen Produkt gehen wird.
#3 Welche Zuwächse und Chancen wird es bei den gewerblichen Dentallaboren geben?
- Maschinell hergestellte Produkte wie CAD/CAM, Drucker Lasermelting für große Kombiarbeiten und Implantate
- Implantate als klarer Trend zu mehr festsitzendem Zahnersatz (Patientenwunsch)
- Wellness- und Schönheitstrend
- Service am Kunden (Zahnarzt und Patient)
- Rot-Weiß Ästhetik auf höchstem Niveau
- Digitale Fotografie
- Kombinationsarbeiten
- Vorher - Nachher Arbeiten am Patienten mit Mock Up´s
- Arbeiten am und mit dem Patienten wegen obiger Punkte
Es gibt unendlich viele “Fräs-Zentren” in Deutschland. Ich habe das Wort bewusst in Anführungszeichen gesetzt, weil viele, meistens zu kleine Labore viel Geld in eine zu große Fräsanlage investiert haben und diese natürlich möglichst rund um die Uhr laufen sehen wollen, was diese aber für die Aufträge aus den wenigen Praxen nicht tut. Also wurden aus vielen kleineren Dentallaboren viele so genannte Fräszentren. Die Preise für die Einheiten purzelten in den Keller, weil jeder sich sein Stück vom Kuchen sichern wollte. Hauptsache, das Gerät macht Lärm und Umsatz.
Heute haben sich echte Fräszentren heraus kristallisiert, wobei das einerseits die Industrie ist, andererseits große Labore mit sehr guten Maschinen, die diesen Service wirklich anbieten können. Als eingefleischter Zahntechniker spreche ich hier einmal wieder ein klare Empfehlung aus:
Lassen Sie Ihre Einheiten bei Ihren Kollegen fräsen und nicht bei der Industrie, wenn es möglich ist. Manchmal braucht es etwas, einen GUTEN zu finden, aber da kann man durch die sozialen Netzwerke schnell fündig werden.
Kleineren Laboren empfehle ich einen Scanner, das spart eine Menge Kosten und günstiger können Sie die Einheiten heute nicht bekommen. Teure Updates und regelmäßig neue Rechner brauchen Sie dann auch nicht.
#4 Warum werden Implantate die Zukunft der Zahntechnik werden?
Ganz einfach: Weil es der Zahnersatz-Kunde so will. Und das ist der Patient. Wir haben mit mehreren 1000 Patienten gesprochen. Hier ist ein ganz klarer Trend und Wunsch deutlich zu erkennen: Die Prothese soll halten, auf Haftcreme hat wirklich keiner mehr Lust und deshalb möchten mehr als 80% der Menschen Implantate oder festsitzenden Zahnersatz im Allgemeinen. Jedes Labor sollte in diesem Segment unbedingt fachlich und technisch sehr gut aufgestellt sein. Am besten so gut, dass Sie sich da draußen bei Ihren Kunden sogar als Experte darstellen können. Experten verdienen immer Geld.
#5 Ist Zahntechnik Wellness?
Ja! Es ist sogar wissenschaftlich erwiesen, dass Menschen zuerst auf die Zähne schauen. Meistens zwar unbewusst, aber Haare, Schminke oder Fingernägel kommen erst viel später. Was nützt einem Menschen eine tolle Frisur oder schöne Augen, wenn die Zähne schlecht sind oder sogar eine Lücke zu sehen ist? Die Wellness- und Schönheitsbranche boomt wie kaum eine andere. Fett absaugen hier, Fett wieder rein an anderen Stellen (z.B. in die Lippen), Botox, Augenlid-Korrekturen und Lifting an allen möglichen Stellen sind teuer und dennoch wird hier richtig viel Geld ausgegeben. Piercing und Tattoos sollen die Schönheit noch unterstützen. Die Liste ließe sich noch unendlich fortführen. Hier muss viel mehr Kommunikation nach außen statt finden.
#6 Was für eine Art Service am Kunden bringt Sie als Chef eines Dentallabor wirklich richtig nach vorne?
Der Klassiker “Service vor Ort” ist nach wie vor gerade gegenüber dem Auslandszahnersatz immer noch sehr wirkungsvoll. Aber hier kommt es absolut auf den Inhalt und die Art und Weise des Services an, weil das schließlich ein sehr dehnbarer Begriff ist. Nur einfach bei der Einprobe daneben stehen oder einmal eine Zahnfarbe nehmen, wird auf Dauer nicht mehr ausreichen. Gerade wegen des Wellness-Faktors, den Sie als Dentallabor wirklich richtig forcieren sollten, wird die rot-weiße Ästhetik ein absolut wichtiger Aspekt werden. Wenn ich vom Kunden rede, meine ich natürlich immer beiden Gruppen: Den Zahnarzt und den Patienten. An erster Stelle natürlich der Zahnarzt, den Sie aber als Zahnersatz-Meister in diesem Thema unterstützen sollten.
Werden Sie richtig gut in der Frontzahn Ästhetik. Werden Sie dort ein echter Meister. Wie oben schon beschrieben, brauchen Sie sich langfristig auf die Einzelkronen und kleinen Brücken im nicht sichtbaren Bereich nicht groß konzentrieren. Die fallen sowieso als Einzelauftrag so gut wie weg. Es ist der sichtbare Bereich, den keiner besser hinbekommt als richtig gute Zahntechnikermeister. Mit solchen Arbeiten kommen dann auch die Seitenzahn Einheiten natürlich wieder zurück zu Ihnen, weil die gesamte Arbeit bei Ihnen auf dem Tisch landet.
#7 Dokumentieren Sie Ihre Fälle
Foto: Philipp Krywun - http://www.krywun-dentaltechnik.de/
Die Digitalfotografie gehört auf alle Fälle zu einem modernen Dentallabor dazu, wie der weiße Bart zum Weihnachtsmann. Am besten zeigen Sie Vorher - Nachher Bilder, die bei jedem Patienten einen echten Eindruck schaffen. Auch gibt es schon sehr gute Software, die eine Nachher Situation sehr realistisch simulieren können.
Aber aufgepasst: Zeigen Sie nur das, was möglich ist. In diesem Segment wird sich bestimmt noch einiges tun, was besser ist und auch vom Preis erschwinglicher sein wird. Arbeiten Sie jetzt schon viel mehr mit Mock Up´s. Zeigen Sie, was Sie drauf haben! Die Arbeit am und mit dem Patienten wird immer wichtiger!
Schauen Sie sich einmal die Brillen Branche an. Da gibt es nicht nur das Kassenmodell wie früher, sondern eine Brille wird als Mode- oder Designerstück gekauft. Die Branche hat sich extrem entwickelt. Natürlich kann man das nicht 1:1 auf die Zahntechnik übertragen, aber machen Sie mit Ihrem Zahnarzt das Thema Zahnersatz zu einem echten Erlebnis. Wenn der Zahnarzt den Patienten als sein “Eigentum” sieht und Sie nicht ranlässt, machen Sie das mit den schlaueren Zahnärzten, die Sie für Ihre Unterstützung nutzen werden. Den Bedarf müssen Sie allerdings auch bei Ihren Zahnarztkunden wecken, indem Sie denen solche Dinge vorher zeigen.
Warten Sie nicht zu lange und machen Sie folgendes in naher Zukunft:
- Kaufen Sie sich eine wirklich gute Kamera (Preis 800 - 3.000 €)
- Erlernen Sie Photoshop oder andere Bildbearbeitungs-Programme
- Machen Sie einen Fotokurs bei einem Profi
- Legen Sie los
Fazit:
Um in der Zukunft als Dentallabor zu bestehen, sollten Sie sich auf die “sichtbare” und rot-weisse Zahntechnik konzentrieren. Schauen Sie, wie groß Ihr Labor ist und welche Investitionen sich wirklich lohnen und welche sich einfach nicht rechnen werden. Bilden Sie sich fort, was das Zeug hält. Dieses Geld ist immer gut angelegt. Da es noch viel mehr Chancen für die Zahntechnik in Zukunft gibt, diesen Artikel aber sprengen würde, werde ich demnächst sozusagen einen Teil 2 schreiben. Da geht es darum, wie Sie Ihre Chancen nutzen können und warum Sie jährlich mindestens 5% mehr Umsatz machen müssen und wie Sie das schaffen.
Was glauben Sie, wie die Zukunft unserer Branche aussieht? Welchen Wandel merken Sie schon jetzt? Ich freue mich auf Ihre Kommentare!
Ihr Rainer Ehrich